Interessengemeinschaft der Waldbesitzer im Thüringer-/Frankenwald

Wildnis-Projekt bei Rodacherbrunn eingeweiht

OTZ, 25.06.2021, Peter Hagen
Foto: Peter Hagen

Rodacherbrunn. Lebensraum für Rauhfuß- und Sperlingskauz, Schwarzstorch und Wildkatze. Doch das Projekt sorgt auch für Ängste bei Waldbesitzern bei Rodacherbrunn

Thüringen weist aktuell 26.000 Hektar Naturwaldflächen aus. Zu den insgesamt 120 Gebieten gehören jetzt auch ein Waldstück von 318 Hektar sowie knapp 20 Hektar des ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifens im Naturschutzgebiet Jägersruh-Gemäßgrund-Mulschwitzen bei Rodacherbrunn.

Am Freitag haben Bundesumweltstaatssekretär Jochen Flasbarth und Thüringens Umweltstaatssekretär Olaf Möller das Projekt „Waldwildnis Thüringer Schiefergebirge/Frankenwald“ eingeweiht. Dieses Projekt der Stiftung Naturschutz Thüringen war im vergangenen Jahr gestartet worden und ist das erste des Förderprogramms „Wildnisfonds“, mit dem das Bundesumweltministerium die Schaffung und Erweiterung von großflächigen Wildnisgebieten in Deutschland unterstützen will. „In Naturwäldern hat man andere Tier- und Pflanzenarten als in Wirtschaftswäldern“, ging Möller auf die Hintergründe von Waldwildnis ein. Aufgrund des höheren Totholz-Anteils böten sich spezielle Lebensräume beispielsweise für Rauhfuß- und Sperlingskauze, Schwarzspechte, Schwarzstörche und Wildkatzen. „Dieses Projekt fügt sich ein in die Landschaft am Grünen Band“, zeigte sich Flasbarth überzeugt. Ziel sei es, auf mindestens zwei Prozent der Fläche Deutschlands Wildnis entstehen zu lassen.

Ängste bei Waldbesitzern bei Rodacherbrunn

Mit rund einer Million Euro vom Freistaat, 3,1 Millionen Euro vom Bund sowie 200.000 Euro aus der Heinz-Sielmann-Stiftung ist das Projekt finanziert worden, wozu die Wahrnahme des Vorkaufsrechts für den Erwerb der entsprechenden Flächen gehörte.

Die ausgewählte Fläche, die aufgrund ihrer Lage an der ehemaligen innerdeutschen Grenze als relativ unzerschnitten gilt, bietet Bergmischwald mit Fichten, Buchen und Weiß-Tannen sowie reinen Fichten-Forst. Laut Möller gelange die Forstwirtschaft durch derartige Wildnisprojekte zu neuen Erkenntnissen darüber, wohin sich Wald entwickelt, der nicht genutzt wird. Schlimmstenfalls zu Borkenkäfer-Brutstätten mit vernichtender Wirkung, wie die Waldgebiete am Harzer Brocken zeigen und daher für Ängste bei Waldbesitzern bei Rodacherbrunn sorgen. Mitglieder der Interessengemeinschaft gegen eine geplante Stilllegung von 1400 Hektar Wald im Raum Wurzbach/Grumbach/Titschendorf haben daher bei der Wildnis-Projekteinweihung die Gelegenheit genutzt, abermals auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. „Wenn wir als Kommune mit regionalen Partnern auftreten, findet das auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung“, forderte Wurzbachs Bürgermeister Jan Schübel (CDU-BU) im Gespräch mit dem Staatssekretär des Bundesumweltministeriums, die zur Stilllegung vorgesehene Waldfläche an die Stadt zu übertragen. „In der Geschichte der Bundesrepublik ist das die historische Chance zu zeigen, wie es geht“, so Schübel. Bislang gehören Kommunen nicht zum Kreis der Flächenempfänger, die laut Gesetz vorgesehen sind.

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte vorige Woche mit einem „Maßgabebeschluss“ das Bundesfinanzministerium aufgefordert, die der vierten Tranche des Nationalen Naturerbes zugeordnete Waldfläche „der Bundeslösung zuzuordnen“. Das würde bedeuten, dass der seit 2019 währende Kampf bei Rodacherbrunn inklusive der Petition umsonst gewesen wären.