Interessengemeinschaft der Waldbesitzer im Thüringer-/Frankenwald

Kritik aus Wurzbach: Vorgänge wie in der DDR-Volkskammer

OTZ, 03.07.2021, Peter Hagen
Foto: Peter Hagen

Wurzbach. Mitglieder des Bundeshaushaltsausschusses waren offenbar vor kurzfristigem Beschluss zur Waldflächenübertragung nicht hinreichend informiert. Vorab gab es merkwürdige Telefonate.

Die Entscheidung des Bundeshaushaltsausschusses, gut 1400 Hektar Wald bei Wurzbach nicht der Kommune, sondern dem Bundesforst zuzuordnen, hat bei der Interessengemeinschaft gegen die geplante Waldstilllegung für große Enttäuschung gesorgt. Es wird vermutet, dass die Ausschussmitglieder gezielt mit Falschinformationen versehen worden waren. Und es gibt eine besonders auffällige Merkwürdigkeit, die Zweifel an der freien Entscheidungsfindung der Ausschussmitglieder aufkommen lassen.

Schreiben an Ausschussmitglieder

Schon bevor sich die Ausschussmitglieder mit dem nachträglich und sehr kurzfristig aufgenommenen zusätzlichen Tagesordnungspunkt befassten, gab es Telefonate durch den Leiter der Sparte Bundesforst in der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Gunther Brinkmann. Laut Informationen der Interessengemeinschaft gegen die Waldstilllegung hatte Brinkmann sowohl im Gespräch mit Landrat Thomas Fügmann (CDU) als auch mit Wurzbachs Bürgermeister Jan Schübel (CDU-BU) am Tag vor der Ausschusssitzung geäußert, dass die in Rede stehende Waldfläche dem Bundesforst übertragen werde. „Wie kann ein leitender Mitarbeiter der Bundesrepublik Deutschland bereits vor Tagung und Beschlussfassung des Bundeshaushaltsausschusses die Entscheidung gegenüber dem Landrat und dem Bürgermeister vorwegnehmen?“, fragt nun die Interessengemeinschaft in einem Schreiben an alle Ausschussmitglieder. „Dies erinnert an die Entscheidungsfindung in der Volkskammer der DDR und ist nach unserem Verständnis auch eine Brüskierung gegenüber allen Mitgliedern des Bundeshaushaltsausschusses“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Unterstützung von Umweltministerin

Besonders fatal: angeblich soll Brinkmann gegenüber dem Obmann der CDU im Bundeshaushaltsausschuss geäußert haben, dass Fügmann und Schübel in den besagten Telefonaten ihr Einverständnis zur Übernahme der Waldfläche durch den Bundesforst geäußert hätten. „Sowohl der Landrat als auch ich haben deutlich gemacht, dass die Übernahme der Fläche durch die Stadt Wurzbach favorisiert werden“, betont Bürgermeister Jan Schübel. Für dieses Anliegen waren Protestkundgebungen und eine Petition gestartet worden. Und selbst Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) hatte sich gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen dahingehend geäußert, dass sie die Übernahme der bisher von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) bewirtschafteten Fläche an die Stadt Wurzbach unterstütze. Siegesmund begründete dies mit der erforderlichen breiten Akzeptanz in der Region, wenn die Vorgaben des Nationalen Naturerbes auf einer derart großen Fläche wie die 1400 Hektar umgesetzt werden sollen, wo Teilflächen bereits durch Trockenschäden und Borkenkäferbefall gezeichnet seien.

"Vor den Kopf gestoßen"

„In zwei Jahren Arbeit mit unzähligen Beratungen ist alles akribisch aufgearbeitet worden und dann wird man in Berlin einfach dermaßen vor den Kopf gestoßen“, empört sich Siegfried Schmieder von der Interessengemeinschaft über den Vorgang, „triftige Gründe, warum die BVVG die bessere Variante bei der Flächenübernahme sein soll, sind bis heute nicht genannt.“ Vielmehr sei daran zu erinnern, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses beim Thüringer Landtag fraktionsübergreifend den Wurzbacher Weg favorisiert hätten.