Interessengemeinschaft der Waldbesitzer im Thüringer-/Frankenwald

Antwortschreiben des BMU auf die Anfrage zum Sachstand der Stadt Wurzbach auf Übernahme von Waldflächen der BVVG in kommunales Eigentum

Bürgermeister der Stadt Wurzbach
Herr Jan Schübel
Leutenberger Str. 10
07343 Wurzbach

4. Tranche des Nationalen Naturerbes

N II2 - 7207/009 - 2020.0011

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 2. März 2020, mit dem Sie erneut die Bereitschaft der Stadt Wurzbach zur Übernahme von Waldflächen im Rahmen des Nationalen Naturerbes bekunden und Ihre Vorstellungen zum geplanten Umgang mit solchen Waldflächen in der Trägerschaft der Stadt Wurzbach darlegen.

Das Verfahren zur Umsetzung der 4. Tranche des Nationalen Naturerbes ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Bitte haben Sie daher Verständnis dafür, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen zu einer möglichen Trägerschaft der Stadt Wurzbach treffen kann. Bitte erlauben Sie mir aber noch die nachfolgenden Ausführungen zu den Anforderungen, die sich aus der unentgeltlichen Übertragung von Naturerbeflächen an die Naturschutzträger ergeben.

Im Rahmen des Nationalen Naturerbes werden Bundesflächen mit bereits definierten Maßgaben unentgeltlich übertragen, die auch aus beihilferechtlichen Aspekten unumgänglich sind. Wesentlicher Bestandteil der naturschutzfachlichen Anforderungen ist dabei, dass in den Waldbereichen des Nationalen Naturerbes die Naturwaldentwicklung mit dem Ziel der Nutzungseinstellung Priorität hat.

Vom Menschen unbeeinflusste Naturlandschaften gibt es in Mitteleuropa kaum noch. Dies gilt auch für den überwiegenden Teil der Wälder, deren oft intensive forstliche Nutzung zu überwiegend gleichaltrigen, strukturarmen und oft nicht standortheimischen Altersklassenwäldern fühlte. Durch diese Art der Nutzung werden vor allem die Alters- und Zerfallsphase der Wälder ausgeschlossen, die in Naturwäldern einen wesentlichen Teil des Lebenszyklus darstellen. Der damit verbundene Totholz- und Strukturmangel der Wälder führt zu einem erheblichen Verlust an Arten im Vergleich zu Naturwäldern.

Der Bund verfolgt daher in der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" (NBS) das Ziel, auf mind. 2 % der Landfläche Deutschlands Wildnisgebiete zu entwickeln. Dabei spielen Wälder eine wichtige Rolle. Für Wälder wird in der NBS zudem gefordert, dass 5 % der Waldfläche bzw. 10 % des öffentlichen Waldes bis 2020 eine natürliche Entwicklung aufweisen. Die Waldflächen des Nationalen Naturerbes (NNE) sollen zu diesen Zielen einen wichtigen Beitrag leisten. Wie deutschlandweite Auswertungen belegen, sind die genannten Ziele bisher noch nicht erreicht.

Für die langfristige Entwicklung der Wälder des NNE ist daher der Prozessschutz das übergeordnete Schutzziel. Bereits naturnahe Waldbestände des Nationalen Naturerbes werden unmittelbar ihrer eigenen natürlichen Entwicklungsdynamik ohne menschliche Eingriffe überlassen. Am wirtschaftlichen Ertrag orientierte forstliche Maßnahmen werden nicht mehr durchgeführt. In naturfernen Waldbereichen können kurz- bis mittelfristig noch naturschutzfachlich begründete Entwicklungsmaßnahmen zur Erhöhung der Naturnähe erfolgen, so dass absehbar im Zuge des Waldumbaus noch eine Wertschöpfung vor Ort möglich sein wird. Durch den Waldumbau generierte Einnahmen müssen für das Nationale Naturerbe verausgabt oder an den Bund abgeführt werden.

Aus unserer Sicht bietet ein naturschutzfachlich begründeter, zügiger Waldumbau zu Laubmischwäldern unter Zulassen der Naturverjüngung und ggf. auch durch Pflanzungen von standortheimischen Laubbaumarten eine gute Voraussetzung, auf den Klimawandel sowie auf weitere Herausforderungen wie z.B. den Trinkwasserschutz zu reagieren. Sobald die Entwicklung in Richtung der angestrebten Waldbilder nachhaltig initiiert worden ist, sind auch diese Flächen ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Eine dauerhafte Waldbewirtschaftung auf den Flächen des Nationalen Naturerbes ist, wie bereits ausgeführt, aus diesen Zielstellungen heraus ausgeschlossen.

Gerne biete ich Ihnen an, in einem Gespräch zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz die Waldbehandlung im Nationalen Naturerbe weitergehend zu erörtern. Dies wäre meines Erachtens dann zielführend, sobald innerhalb der Bundesregierung weitere Entscheidungen zur Umsetzung der 4. Tranche des Nationalen Naturerbes getroffen sind. Ihr Interesse an einem Gespräch bitte ich per E-Mail (Heidrun.Kleinert@bmu.bund.de) mitzuteilen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

gez. Dr. Heidrun Kleinert