Interessengemeinschaft der Waldbesitzer im Thüringer-/Frankenwald

Wald-Streit erreicht hohe Politik

Neue Presse Kronach, 19.08.2019, Christian Kreuzer
Foto: Swen Pförtner / dpa

Wald-Streit erreicht hohe Politik
Nordhalbens Rathauschef Michael Pöhnlein bittet Ministerpräsident Bodo Ramelow um Hilfe. Er bringt eine Alternative für die geplante Stilllegung von 1400 Hektar ins Spiel.

Nordhalben/Erfurt - Die geplante Stilllegung eines 1400 Hektar großen Waldstücks in Thüringen erhitzt im Raum Nordhalben weiterhin die Gemüter. Nachdem es Mitte Juli bereits eine Demonstration mit oberfränkischer Beteiligung gegen das Projekt nahe Rodacherbrunn gegeben hat (die NP berichtete), erhöht Nordhalbens Bürgermeister Michael Pöhnlein (FW) nun den politischen Druck. In einem Brief wendet sich der Rathauschef nun an Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke). Darin bittet ihn Pöhnlein um "Aufklärung und Unterstützung".

Wie der Nordhalbener Bürgermeister ausführt, seien zahlreiche oberfränkische Waldbesitzer von der geplanten Stilllegung betroffen: "Die Wälder auf bayerischer Seite sind aus historischen Gründen sehr stark fichtengeprägt und durch den Klimawandel einer großen Gefährdung mit zunehmenden, im Privatwald existenzgefährdenden Schäden durch Borkenkäfer oder Stürme ausgesetzt. Alle Waldbesitzer sind intensiv bemüht, die Wälder durch Umbau zu Mischwäldern stabiler und gegen Gefahren sicherer zu machen. Trotzdem wissen wir, dass solche Waldumbaumaßnahmen viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen werden, bis sie flächenwirksam sind. Wir haben deshalb große Sorgen, dass durch ein Beenden einer naturnahen Waldbewirtschaftung auf Thüringer Seite unsere Waldbesitzer ihre Wälder durch den Borkenkäfer verlieren, die sich auf nicht bewirtschafteten Flächen jenseits des ‚Grünen Bandes‘ entwickeln werden."

Pöhnlein erinnert in dem Brief auch an die kontroverse Diskussion über einen möglichen Nationalpark Frankenwald im Jahr 2017. Damals hätten selbst Naturschutzverbände davor gewarnt, den fichtenreichen Frankenwald zu einem Totalschutzgebiet zu erklären. Stabile Mischwälder hingegen eigneten sich besser für eine Stilllegung. Gleichzeitig biete auch ein naturnah bewirtschafteter und im Umbruch befindlicher Fichtenwald viele Ansiedlungsmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen. So verweist Pöhnlein auf das enorme Schwarzstorchvorkommen in der Region. In diesem Zusammenhang fragt der Nordhalbener Bürgermeister den Ministerpräsidenten, ob die fachlichen Erkenntnisse, die 2017 im Frankenwald gewonnen worden seien, auch in der derzeitigen Planung für das 1400-Hektar-Gebiet eine Rolle spielen. Auch interessiert sich Michael Pöhnlein dafür, ob es Kontakte zwischen den zuständigen Thüringer Ministerien und der bayerischen Forstverwaltung gibt.

Pöhnlein warnt in dem Schreiben auch vor weiteren negativen Konsequenzen, die eine Stilllegung zur Folge hätte. So binde der Wald Kohlendioxid und beherberge im Raum Nordhalben zudem ein Wasserschutzgebiet. Es sei "unbedingt erforderlich, dass nicht durch größere Schäden am Wald die Trinkwasserqualität in Mitleidenschaft gezogen wird". Dies gelte auch für die Nordhalbener Quellen. Auch den Aspekt Wasserversorgung will Michael Pöhnlein daher in der politischen Diskussion berücksichtigt wissen.

Abschließend bittet der Nordhalbener Bürgermeister den Ministerpräsidenten, sich für eine Alternative stark zu machen: "Wie uns aus Thüringen mitgeteilt wurde, gibt es zur geplanten Stilllegung von rund 1400 Hektar überwiegender Fichtenwälder angrenzend an Bayern auch die Alternative eines möglichen Tausches mit für den Waldnaturschutz wesentlich interessanteren Laubwaldflächen des Landes Thüringen (Thüringen Forst). Mit einer solchen Lösung könnte ‚Thüringen Forst‘ die fichtendominierten Wälder in unserer Region in den nächsten Jahrzehnten zu stabilen, naturnahen Mischwäldern umbauen und eine Ausbreitung von Borkenkäferkalamitäten auf die angrenzenden Waldgebiete verhindern."

Ob der Brief in der Thüringer Staatskanzlei bereits angekommen ist und gelesen wurde, ist noch nicht bekannt. Eine NP-Anfrage dazu blieb bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe unbeantwortet.