Interessengemeinschaft der Waldbesitzer im Thüringer-/Frankenwald

An den Aufgaben vorbei gefeiert

OTZ, 07.07.2021
LESERBRIEF von Georg-Ernst Weber

Zum eingeweihten Wildnis-Projekts bei Rodacherbrunn:

Die angenehme Atmosphäre täuschte bei der Feierstunde zur Eröffnung des Wildnisprojektes Rodacherbrunn über deren Herausforderungen hinweg. Durch das Wildnisprojekt soll Lebensraum entstehen für Raufuß- und Sperlingskauz, Schwarzstorch und Wildkatze. Kein Wort darüber, dass das alles schon vorhanden ist und durch die umsichtige Bewirtschaftung der Forsten keineswegs beeinträchtigt wurde. Kein Wort darüber, dass das Naturschutzgebiet Jägersruh in seiner Kernzone schon als Schutzgebiet seit 1961 besteht und eine "Rosine" von Bergmischwald innerhalb der großflächigen Fichtenforste mit 96 Prozent Fichtenanteil darstellt. Leider fehlt zu einem nennenswerten Anteil die Tanne in der Mischung von Buche, Ahorn und Fichte.

Keine Erwähnung, dass aus dem hohen Fichtenanteil eine immense Aufgabe zum Waldumbau erwächst. Kein Wort war zu vernehmen, dass aus einem Wildnisgebiet heraus kein Schaden in benachbarten Forsten anderen Eigentums entstehen darf. Notgedrungen durch den Klimawandel wird die Schadensabwehr gegenüber den Nachbarn zur Hauptaufgabe der Stiftung in den nächsten Jahren. Erst nach vollzogenem Waldumbau kann die Stiftungsfläche als "Naturwald" bezeichnet werden, in der die biologischen Kreisläufe ohne menschlichen Einfluss ablaufen werden. Erst dieser Naturwald wird "klimaneutral" sein, viel strapazierte Wort zu gebrauchen. Wenn schon die Leistungen in der Vergangenheit zum Beispiel am Grünen Band verschwiegen, die zwingenden Aufgaben in der Gegenwart nicht thematisiert werden, sind die dargestellten Visionen wie der Blick eines Wahrsagers in die Glaskugel. Totholz ist ein wichtiger Lebensraum, aber dass das Kohlendioxid ausgasende Totholz gut gegen den Klimawandel sein soll, erschließt sich nicht. Totholz reduziert nicht die fossilen C02-Emissionen, das können nur die lebendigen vitalen Bäume. Eine Aussage wird nicht dadurch richtiger, wenn sie von einem staatlichen Meinungsführer geäußert wird. Die Herausforderung Wildnis ist in ihrer Komplexität und Kompliziertheit ausgehend von der vor Ort vorzufindenden Situation noch nicht begriffen. (gekürzt)

Georg-Ernst Weber, Schleiz